Die Beschäftigungsquote in Deutschland steigt, es gibt immer weniger Arbeitslose, wie die offiziellen Statistiken bescheinigen. Die Wirtschaft boomt also – eigentlich ein Grund zur Freude. Für viele Haushalte erscheint diese Freude jedoch getrübt, denn obwohl mehr Menschen in Deutschland einer Beschäftigung nachgehen, können immer weniger Familien von ihrem Einkommen auch leben. Experten sprechen von einer „schleichenden Armut“.
Der Datenreport 2013
Mehr Beschäftigung – mehr Armut: Diese Gleichung klingt paradox. Gleichzeitig spiegelt sie einen Teil der Realität in Deutschland wider: Die Arbeitslosenquote geht zwar stetig zurück, gleichzeitig allerdings steigt das Armutsrisiko für viele Menschen. Das zeigt der Datenreport 2013 (PDF), eine statistische Erhebung vom Statistischen Bundesamt, der Bundeszentrale für politische Bildung, des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung und des Sozio-Oekonomische Panels. Von Jahr 2006 auf das Jahr 2011 erhöhte sich der Anteil von armutsgefährdeten Menschen von 15,2 auf 16,1 Prozent.
Vor allem Frauen und ältere Menschen leben im erhöhten Risiko, von Armut betroffen zu sein. Gestiegen ist das Risiko vor allem für die Altersgruppe der 55- bis 64-jährigen. Zudem gilt jeder fünfte junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 24 als Armutsgefährdet.
Was bedeutet „Armut“?
Doch was heißt das überhaupt, „Armut“? Als arm gilt, wer im Monat weniger als 980 Euro zur Verfügung hat. Und das betrifft auch immer mehr Personen, die sich in Beschäftigung befinden. Denn es gibt keineswegs mehr Arbeit in Deutschland, wie die Wirtschaftswissenschaftler aufzeigen, diese wurde nur auf mehr Arbeitnehmer verteilt. Deutlich gestiegen ist die Zahl an Halbtags- und Teilzeitbeschäftigungen, an Leiharbeit und Minijobs. Befristete Arbeitsverträge sind in vielen Branchen mittlerweile Standard.
Armut hat gravierende Folgen
Die Folgen der Armut sind gravierend: Männer, die von Armut betroffen sind, haben laut Statistik eine um bis zu elf Jahre kürzere Lebenserwartung, arme Frauen leben rund acht Jahre weniger als Frauen mit gutem Einkommen. Die Gesundheit leidet und die gesellschaftlichen Kontakte gehen verloren. Wer kein Geld hat, kann weniger Freizeitangebote nutzen. Das klingt banal, führt aber oft zu einem Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben. Damit sinkt auch die Teilnahme an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen; der Wille und die Meinung weiter Teile der armen Bevölkerung wird bei Wahlen zum Beispiel nicht mehr repräsentiert. Und wer einmal arm ist, wird es den Statistiken zufolge wahrscheinlich auch bleiben: Im scheinbar so reichem Deutschland ist es um die sozialen Aufstiegsmöglichkeiten besonders schlecht bestellt.
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