Griechenlands Finanzkrise hat sich immer mehr zum Krimi entwickelt. Am kommenden Sonntag, dem 12. Juli 2015, soll es nun die allerletzte Chance – nach mehreren letzten Chancen – geben, um den Schuldenstreit beizulegen. Noch einmal treffen sich an diesem Tag alle Vertreter der Europäischen Union.
Griechenland bittet um Aufnahme im ESM
In Griechenland sind die Banken seit Tagen geschlossen, pro Tag dürfen Bürgerinnen und Bürger höchstens 60 Euro abheben. Nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) reichen die Reserven der griechischen Geldinstitute auch nur noch bis zum kommenden Wochenende. Ernst ist die Lage schon lange, jetzt ist die Entscheidung, was mit Griechenland geschehen soll, unausweichlich. Mehrfach wurden Ultimaten schon verschoben, immer wieder wurde die Entscheidung aufgeschoben, ob Griechenland aus dem Euro austreten muss. Nach dem Euro-Sondergipfel am Dienstag machte EU-Ratspräsident Donald Tusk klar, dass am Wochenende nun die endgültig letzte Deadline verstreiche.
Die griechische Regierung hatte am Mittwoch noch beantragt, drei Jahre lang unter den Euro-Rettungsschirm ESM schlüpfen zu können. Der würde dem Land neue Kredite einbringen. Rund 50 Milliarden Euro benötigt da Land bis 2018, so schätzt der Internationale Währungsfond. Am 20. Juli muss Griechenland bereits die nächste Zahlung leisten, die EZB muss 3,5 Milliarden Euro erhalten. Voraussetzung für die neuen Kredite ist allerdings, dass Athen ein Reformpaket vorstellt. Im Antrag ist auch von Reformen die Rede, wie diese konkret aussehen sollen, bleibt aber unklar.
Verkraftet die Währungsunion einen „Grexit“?
Insgesamt hat der griechische Staat Schulden in Höhe von 316,3 Milliarden Euro. Das Bruttoinlandsprodukt liegt jedoch nur bei knapp 180 Milliarden Euro. Aus eigener Kraft kann Griechenland daher den Weg aus der Schuldenkrise nicht schaffen. Die Regierung Tsipras hat daher lange Zeit auf einen Schuldenerlass gesetzt – und hofft wohl auch jetzt noch darauf. Den sogenannten Schuldenschnitt schließt der EU-Vertrag allerdings aus. Die europäischen Staaten könnten die Rückforderung der Schulden allerdings bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts verschieben. Durch die Inflation würde die Rückzahlung die Griechen deutlich günstiger kommen.
Kann die Währungsunion einen „Grexit“, den Ausschluss der Griechen, überhaupt verkraften? Oder bedroht eine Staatspleite Griechenlands die EU? Diese Fragen gilt es nun am Sonntag zu klären, wenn alle 28 EU-Staaten zusammenkommen.