In der vergangenen Woche ist er veröffentlicht worden, der Armutsbericht der Bundesregierung. Größere Diskussionen als der Bericht selbst löste dabei die Frage auf, welche Inhalte eventuell geschönt wurden, was im Kleingedruckten verschwand und welche Fakten nicht in dem — Seiten starken Papier zu finden sind. Die SPD wirft der Bundesregierung sogar „Fälschung“ vor. Was steht nun in diesem Bericht – und wie viel Wahrheit steckt drin?
Passagen wurden auf Wunsch des Wirtschaftsministeriums geändert
Offiziell heißt das Papier „Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2007 – 2011“. Dort soll abzulesen sein, wie weit die Schere zwischen Armut und Reichtum auseinanderklafft. Bereits Monate vor dem eigentlichen Erscheinen waren zwei Vorab-Fassungen öffentlich geworden, eine im September, eine im November 2012. Dort waren noch Passagen zu lesen, die im fertigen Bericht fehlen. Die Änderungen seien vor allem auf Betreiben des FDP-geführten Bundeswirtschaftsministerium durchgeführt worden, heißt es. So fehlt zum Beispiel ein Absatz, der auf die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland hinweist. Keine ganz neue Tatsache, in den Vorabversionen allerdings explizit benannt – anders als in der endgültigen Fassung.
Vergleich der Vorab- mit der Endfassung
In der September-Fassung hieß es so noch:
„Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt. So verfügen die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinen. Der Anteil des obersten Dezils ist dabei im Zeitverlauf immer weiter angestiegen.“
In der aktuellen, fertigen Fassung dagegen ist Folgendes zu lesen:
„Zur Verteilung der Privatvermögen in Deutschland liegen für den Berichtszeitraum Daten aus dem Jahr 2008 vor. Danach verfügen die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinen. Der Vermögensanteil des obersten Dezils ist dabei…immer weiter angestiegen.“
Außerdem gestrichen wurde der Satz: „Allerdings arbeiteten im Jahr 2010 in Deutschland knapp über vier Millionen Menschen für einen Bruttostundenlohn von unter sieben Euro.“ Teilweise widersprechen die einzelnen Fassungen sich sogar: In den ersten Versionen ist zu lesen, dass die Einkommensspreize zugenommen habe; die Endfassung allerdings geht davon aus, dass die Ungleichheit der Einkommen abnimmt.
Die Fakten ändert dies freilich nicht: Die oberen zehn Prozent haben gut die Hälfte des Nettovermögens zur Verfügung, während sich der große Rest mit einem nur geringen Anteil zufriedengeben muss. Die Statistiken, die dem Bericht zugrunde liegen, verzeichnen tatsächlich einen Anstieg der Arbeitnehmerentgelte von 11,9 Prozent zwischen 2008 und 2012, während die Unternehmenseinkommen im gleichen Zeitraum um 4,1 Prozent gesunken seien. Daraus abzuleiten, dass die Schere der Einkommen sich schließt, ist sicherlich gewagt, aber nicht ganz falsch. Geschönt ist der Bericht also an einigen Stellen, aber nicht gefälscht.